Zitat:
Zitat von Stiffler
Ich denke dass Reuß der Anfang ist.
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Ich bin heute mal so frei und kläre deine, in meinen Augen, Irrtümer über den BVB ein wenig auf. Zuallererst mal bitte Reus mit s und nicht ß, das sieht ja furchtbar aus
Nun aber zu den sich ständig rezidivierenden Aussagen, dass man sich beim BVB nach und nach übernimmt und gewissermaßen wieder ins Verderben rennt, um es mal mit eigenen Worten auszudrücken, wobei der Reus-Transfer eben den Anfang darstellt:
Wichtig ist es da vorerst einmal den heutigen Stand mit dem damaligen Stand zu vergleichen. Damals hatte man mit Niebaum und Meier eine Führung, die ein Stück weit größenwahnsinnig geworden ist. Man hatte in Dortmund ein großes Stadion, ein hohes Zuschaueraufkommen und eine schlagkräftige Mannschaft. Niebaum und Meier nahmen dies zum Anlass um mit Champions League Einnahmen zu kalkulieren, mit allgemein großem sportlichen Erfolg zu kalkulieren und damit auch erhöhten Sponsoringeinnahmen zu kalkulieren. Man ging davon aus mit diesem Risiko den FC Bayern überholen zu können und ihn damit auch finanziell in vielen Bereichen ausstechen zu können. Im Nachhinein ein großer Fehler, ein ziemlich zweifellos absehbarer.
Natürlich hätte das Unterfangen auch gelingen können, allerdings war die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering. Ein solches Risiko einzugehen war fahrlässig und tatsächlich wohl einfach Größenwahn. Grundsätzlich aber entsteht hier die Fragestellung, wieso war solch ein Risiko überhaupt von Nöten um mit den Bayern mitzuhalten bzw. den Versuch zu starten sie zu überholen? Die Antwort darauf ist ganz simpel. Man war schon damals den Münchner Bayern finanziell meilenweit unterlegen. Geschuldet einigen unterschiedlichen Dingen, unter anderem dem konstanten Erfolg, aber auch dem ganz entscheidenden Standortfaktor. Während Dortmund sich im Ruhrgebiet bzw. im gesamten Nordrhein-Westfalen mit etlichen Vereinen um Sponsoren duellierte, wohlbemerkt im eher ärmlichen NRW, hatten die Münchner im wohler situierten Bayern kaum Konkurrenz. Dies führte dazu das viele Sponsoren sich dem FC Bayern anschlossen. Gerade in der damaligen Zeit war dieser Standortvorteil von eklatanter Bedeutung, da die Sponsoren damals größtenteils noch aus dem regionalen Bereich kamen, was sich im Verlaufe der Jahre jetzt natürlich ein wenig gewandelt hat. Diesen Standortvorteil hat man beim FC Bayern auf grandiose Art und Weise ausgenutzt und beim BVB in der damaligen Zeit komplett außer Acht gelassen. Mit ein wenig Weitsicht hätte man erkennen müssen, dass es schon damals kaum möglich war sich auf ein vergleichbares finanzielles Niveau zu hieven. Nur über Nachhaltigkeit wäre dies zu erreichen gewesen, leider ist man genau den umgekehrten Weg gegangen.
Man hat eben genau jene Nachhaltigkeit aufgegeben und gedacht, dass sich diese schon ergeben würde, sofern man sich den sportlichen Erfolg erkauft. In diesem Wahn, die Bayern sportlich und damit auch finanziell überholen zu können, gab man jegliche langfristige Planung auf. Man nahm Kredite zu horrenden Zinsen auf, ging an die Börse und verpfändete zukünftige Einnahmen und ging damit mehr und mehr ins Risiko. Irgendwann kam dann der Punkt, der sportliche Erfolg blieb aus und die Seifenblase blatzte. Damit einher ging etwas ganz entscheidendes: Viele Sponsoren zogen sich vom BVB zurück. Die Sponsoren, die man erst kurz zuvor hinzugeholt hatte, da sie am meisten Geld zahlten. Dies allerdings nur in einer Phase in der es sportlich lief. Die wirklich treuen Sponsoren hatte man zuvor vor den Kopf gestoßen und sich damit jegliches Grundgerüst zerstört. Folge: Die Einnahmen brachen auf extreme Art und Weise ein! Dieses Gesamtkonstrukt muss man erst einmal verstehen um dann auch zu verstehen wie es zu der Fastinsolvenz kommen konnte. Das dann infolgedessen auch die Ablösesummen für die Kaderspieler in den Keller sanken versteht sich ja von alleine.
Soviel also zur Vergangenheit und nun der Umschwung zum heutigen BVB. Mittlerweile hat man eine Führung mit Rauball, Watzke und dem eher unbekannten Treß (so etwas wie der Hopfner Dortmunds

). Diese Leute wurden geprägt durch den Fastniedergang des Vereins, diese Leute haben für den BVB den Karren aus dem Dreck gezogen, diese Leute haben viele schlaflose Nächte verbracht bevor die Rettung des BVBs feststand. Diese Erfahrung werden sicherlich ihre Spuren hinterlassen haben und eine Warnung sein. Eine Garantie ist dies aber natürlich nicht.
Dennoch lassen sich eklatante Unterschiede zur damaligen Führung feststellen. Während man damals nach dem wohl Unmöglichen strebte, setzt man sich jetzt realistische Ziele. Nicht umsonst betont man immer wieder, das man sich in keiner Weise mit dem FCB vergleichen, da finanziell Welten zwischen den Welten liegen und diese auch auf Jahre, wahrscheinlich sogar für immer, dazwischen liegen werden. Übrigens etwas das medial, und ich glaube auch hier, gerne mal als Understatement kritisiert wird. Aber genau diese Einstellung lässt in mir keine Befürchtungen aufkommen, dass man finanziell übernehmen könnte. Man hat sich damit abgefunden das es derzeit gewisse Grenzen gibt, Grenzen die derzeit kaum zu durchbrechen sind. Man bleibt bescheiden und strebt nach Realistischem anstatt dem unrealistischen Ziel den FCB abzulösen. Man setzt eben genau auf die Nachhaltigkeit, die man damals hat vermissen lassen. Genau dieser liegt auch der "Jugendstil" des BVB zugrunde, der Jugendstil der dafür verantwortlich ist, dass man in den meisten Fällen mit finanziellem Gewinn aus Transfers hervorgehen wird bzw. zukünftig hohe Ablösesummen zu erwarten hat.
Als positives Zeichen würde ich an dieser Stelle auch werten, dass man offensichtlich beim BVB nicht bereit ist alle Gehaltsforderungen zu erfüllen, wie das schöne Beispiel Lewandowski zeigt. Zu dem gibt es übrigens einen schönen 2-seitigen Artikel von Freddie Röckenhaus, dem Dortmund-Insider der Journalismusszenerie schlechthin, mit wohl sehr gutem Verhältnis zum BVB. Gut möglich das hier also bewusst ein paar Details lanciert wurden:
http://www.sueddeutsche.de/sport/pok...soll-1.1520538
Da wir grad bei Vertragsverhandlungen sind, noch der kurze Hinweis für dich, dass in nächster Zeit eigentlich nur noch 4 Verlängerungen auf der Agenda stehen. Schmelzer (soll kurz vor der Verlängerung stehen), Großkreutz und Subotic (denke mal, dass die ebenfalls recht problem-, und geräuschlos über die Bühne gehen werden) und eben Lewandowski. Der Rest ist bereits langfristig gebunden, auch etwas ganz entscheides wenn es um den Begriff der Nachhaltigkeit geht.
Nun aber wieder zurück zu den Strukturen. Hier hat sich beim BVB Entscheidendes verändert und man hat sich in vielen Bereichen besser aufgestellt. Man hat in den letzten Jahren, unbemerkt vieler Leute wie womöglich auch dir, viel Geld in die Hand genommen um in die Infrastruktur zu investieren, das Trainingsgelände, das Jugendleistungszentrum und auch in Umbauten des Stadions. Umbauten, die mehr Logen schafften und die Einnahmen aus dem Spielbetrieb entscheidend erhöht haben und weiter erhöhen werden. Spätestens seit Uli Hoeneß wissen wir ja alle wie wichtig diese Logenplätze finanziell sind. Zudem hat man sich im Bereich Marketing komplett neu aufgestellt und eine Marke erschaffen (Echte Liebe). All dies generiert Mehreinnahmen, die im Normalfall nicht von heute auf morgen eklatant einbrechen. Eben dies geschah ja damals auch bei den Sponsoren und auch hier hat man merklich dazu gelernt. Man giert hier nicht mehr nur nach den höchsten Angeboten, sondern man setzt vielmehr auf Nachhaltigkeit. Der Großteil der Sponsoren ist seit Jahren mit dem Verein verbunden, also schon vor Zeiten des neuerlichen Durchbruchs Borussia Dortmunds. Damit wird sichergestellt, dass diese Sponsoren auch in schlechteren Zeiten dem Verein die Treue halten. Watzke hat sich dazu auch mal geäußert und sinngemäß ausgesagt das er lieber den 5-Jahre alten Hauptsponsor hält und 2 Millionen weniger kassiert, als ohne Not den Sponsor auszutauschen, nur um kurzfristig finanziell besser dazustehen.
Wichtig ist auch, dass man beim BVB nur minimalst mit irgendwelchen Erfolgen kalkuliert. Sprich: Man kalkuliert bei Borussia Dortmund derzeit noch komplett ohne das internationale Geschäft. Gut möglich, dass sich dies irgendwann einmal ändert, aber laut Aussage von Watzke frühestens dann wenn man genügend Geld zur Seite gelegt hat um trotz Kalkulation mit internationalem Geschäft auch 2 Jahre ohne dieses auszukommen, also mit absoluter Risiko-Minimierung. Beim Thema Risiko-Minimierung darf natürlich auch nicht der Verweis auf die extrem leistungsbezogenen Verträge der Dortmunder Spieler fehlen. Diese gewährleisten, dass im Misserfolgsfall automatisch die Personalkosten in erheblichem Maße gesenkt werden. Beim BVB macht dies aktuell zwischen 50 und 80 Punkten, auch hier wieder laut Aussage von Watzke, einen Unterschied von circa 20 Millionen Euro. Leistung wird also fürstlich honoriert, sicher auch bei den Vertragsverlängerung, die zu einem Anstieg der Gehaltskosten führen, im Gegenzug sichert man sich aber für den Misserfolgsfall ab. Auch hier wieder das Stichwort Nachhaltigkeit.
Eben diese Nachhaltigkeit ist sichtbar wenn man sich mal mit den letzten Jahresberichten des BVB auseinandersetzt, als Aktiengesellschaft ja für jeden wunderbar einsehbar. Da ich dich/euch aber hier nicht mit den eher unübersichtlichen Jahresberichten und Quartalsberichten foltern möchte, anbei nur zwei kurze Artikel, die den Jahresabschluss 11/12 und den ersten Quartalsbericht 12/13 enthalten, sofern ihr meinen Zahlen nicht vertraut bzw. euch selber ein wenig einlesen möchtet.
http://www.boersennews.de/nachrichte...243112074/2000
Der Jahresbericht 11/12 von Borussia Dortmund war absolut beeindruckend. Man konnte die Umsatzerlöse im Konzern auf 215 Millionen Euro steigern, ablösebereinigt auf knapp über 190 Millionen. Dabei hat man NACH STEUERN einen Gewinn von 34,3 Millionen Euro verzeichnet. Für einen Fußballverein eine ziemlich erstaunlich Summe. Vergleicht man die Einnahmen mit denen des FC Bayern (373 Millionen Umsatz müssten es gewesen sein...), so sind sie natürlich mickrig. Ablösebereinigt gerade einmal knapp über 50% der Einnahmen der Münchner. Allerdings muss man sich hier vor Augen halten das Real Madrid, Barcelona, Manchester United und Bayern München in dieser Hinsicht eine Sonderstellung in der ganzen Welt einnehmen. Was also beim BVB zuerst im Vergleich recht mager klingt, wird vermutlich im internationalen Vergleich zu dem 10.-13. höchsten Umsatz aller Fußballvereine führen (geschätzt anhand der letztjährigen Daten von Deloitte, mit einem kleinen einkalkulierten Wachstum bei allen Klubs). Das ist es was man sich vor Augen führen muss. Der BVB ist zwar weit von den Bayern entfernt, aber mindestens ganz nah an den 10 umsatzstärksten Vereinen der Welt und das trotz des schlechten internationalen Abschneidens. Dort sind mit dem Erreichen des Achtelfinals oder gar Viertelfinals locker ein weiterer zweistelliger Millionenbetrag im Bereich des Möglichen. Keiner mit dem man kalkulieren kann und sollte, aber einer der aufzeigt wieviel Potential noch in der Marke und dem Verein Borussia Dortmund steckt. Die Marke von 250 Millionen Euro Umsatz scheint in den kommenden 3 Jahren für den BVB durchaus realistisch. Bei solch einem Umsatz den Verein noch an die Wand zu fahren, da würde es sehr viel Dummheit bedürfen. Übrigens beachtlich hier auch die Nettoverbindlichkeiten von lediglich noch 11 Millionen Euro, man erinnere sich hier an über 150 vor gar nicht allzu langer Zeit.
http://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/b...&newsID=739599
Dies ist der ganz aktuelle Quartalsbericht, bzw. die Kurzmittteilung dazu, von Borussia Dortmund. Dieser zeigt sehr schön auf, dass die Entwicklung noch nicht am Ende ist. Im ersten Quartal konnte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um knapp über 20% oder auch 8,8 Millionen Euro gesteigert werden und ein Gewinn von 3,2 Millionen eingefahren werden, trotz einmaliger Aufwendungen durch Stadionumbau und Restaurierung von rund 3 Millionen Euro, sowie Materialmehraufwendungen von fast 2 Millionen Euro durch den Umstieg auf Puma. Alles in Allem wird auch hier deutlich: Der BVB ist kerngesund, der Umsatz wächst und wächst, man schreibt außerordentliche Gewinne und derzeit gibt es überhaupt keinen Grund zur Sorge. Auch ein Reus-Transfer stellt also überhaupt gar kein Problem dar. Wobei Quartalsberichte natürlich grundsätzlich mit Vorsicht genossen werden sollten, darüber bin ich mir selbstverständlich im Klaren. Die Tendenz ist aber eindeutig.
Da hier ja so schön der Reus-Transfer und dessen Risiko thematisiert wurde und auch das scheinbare Nicht-Risiko des Martinez-Transfers, so würde mich doch mal schwer interessieren woran man das festmachen will. Die mir logischste Lösung wäre die Ablösesumme in Relation zum Umsatz zu setzen und wie wir uns vielleicht noch erinnern lag der beim BVB bei knapp über 50% des Umsatzes der großen Bayern. Vergleichen wir nun die 40 Millionen mit den 17 Millionen, so sollte jedem Nicht-Mathematiker auffallen, dass die 17 Millionen weniger als 50% der 40 Millionen sind. Mit anderen Worten: Prozentual vom Umsatz ist Reus sogar der ungefährlichere Transfer. Nichtsdestotrotz ist der FC Bayern sicherlich wirtschaftlich und sportlich stabiler als Borussia Dortmund, wodurch zweifellos gewährleistet ist, dass man auch einen solchen Fehlkauf theoretisch verkraften könnte. Umgekehrt ist der BVB wahrscheinlich sportlich etwas abhängiger von dem Spieler (rein auf die Personalkosten und die damit verbundene anzunehmende Breite des Kaders bezogen) und damit schlussendlich auch finanziell. Grundsätzlich lässt sich aber feststellen: Beides sind solide finanzierte Transfers, die sich beide Vereine leisten können, nicht problemlos, aber mit ein bisschen zähneknirschen
Noch eine kleine Anmerkung: Der FC Bayern ist übrigens nicht der einzige Verein, der derzeit noch sein Stadion oder andere Verbindlichkeiten abstottern muss. Dies betrifft genauso den BVB, aber auch etliche andere Bundesligavereine. Daher werden sich daraus wohl keine eklatanten Vorteile gegenüber dem Großteil der Konkurrenz ergeben, zusätzlich freies Kapital kann man aber sicherlich immer irgendwie gebrauchen
So, hoffe das die Unterschiede zu damals und die heutige wirtschaftliche Stabilität deutlich geworden sind. Damit bin ich auch wieder raus.
